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Arbeiten als Arzt in Dänemark

Die erste Frage, die sich stellt ist: 

Ist es wirklich besser als in Deutschland? (Würde sich das Auswandern wirklich lohnen?)

Ich kann für mich die Frage mit einem klaren Ja beantworten. 

Doch was ist dieses besser? Bessere Arbeitsbedingungen, mehr Gehalt, mehr Freizeit? Was will ich überhaupt?

Im folgenden findest du Informationen zu Arbeitsbedingungen, Gehalt und Freizeit. 

Wie auf der Startseite erwähnt - meine persönliche Erfahrung kommt vor allem von meinen Stellen in Krankenhäusern in der Region H. 

Arbeitsbedingungen

Als reservelæge (Entspricht etwa dem Assistenzarzt in Deutschland) hat man standardmäßig eine

- 37 Stunden Woche

 

- 5 - 6 Wochen bezahlten Urlaub

 

- Dienste: In welchem Umfang kommt auf die Station an. Meist keine 24 Stunden Dienste. In der Regel von ca. 15:30 - 8 Uhr. Den gesamten Tag danach frei ("sovedag") und man arbeitet frühestens am nächsten Tag ab 8 Uhr wieder. Arbeitet man am Wochenende, hat man mindestens 1 Tag frei in der folgenden Woche - meist mehrere Tage. Hat man Überstunden am Ende der Normperiode (alle 14 Wochen wird "abgerechnet"), werden die Überstunden x 1,5 genommen und man bekommt sie ausgezahlt, oder man kann sie als freie Tage nehmen (allerdings nicht so sehr üblich aus verschiedenen Gründen). Hat man Minusstunden (ja, das kann auch mal vorkommen), werden diese gelöscht. Man startet am Anfang der neuen Normperiode immer bei Null. 

Extra-Dienste kommen vor, zum Beispiel bei Krankheit von Kollegen. Zuerst wird auf freiwilliger Basis gefragt, wer Zeit/Lust hat und wenn sich niemand findet, wird in der Regel gelost.

Macht man einen Dienst mit weniger als 24 Stunden Ankündigung im Voraus, bekommt man ca. 300 Euro brutto dafür plus natürlich die Stunden als Überstunden aufgeschrieben. Bei weniger als 72 Stunden Ankündigung im Voraus sind es ca. 170 Euro brutto. Das gilt auch für z.B. Wochenend-Tagdienste (8 - 15 Uhr).

Welche Arbeitsbedingungen man im Rahmen der Elternzeit genießt, wirst du seperat hier finden (Link folgt).

Gehalt

Als Assistenzarzt setzt sich das Gehalt wie folgt zusammen:

(Cave: Auf den offiziellen Seiten wie læger.dk steht eine Tabelle in der das als "Netto" steht. Das heißt in dem Fall leider, dass es ohne Pension ist, und nicht wie bei uns das Netto-Gehalt nach Steuerabzug. Deswegen habe ich es hier als brutto angegeben, so wie es in Deutschland angegeben werden würde.)

Grundgehalt für 37 Std./Woche, Anniecitetsstufe 1: 34.411,50 kr brutto/Monat

Nach 5 Jahren Erfahrung springt man auf Anniecitetsstufe 2: 37.606 brutto/Monat - hier wird die Elternzeit als Arbeitserfahrung mitgerechnet. 

"Zuschlag", dass man tilladelse til selvstændig virke besitzt (die man in der Regel als ausländischer Arzt in Verbindung mit der Arbeitserlaubnis erhält): 3.736,12 kr brutto/Monat

"Zuschlag", wenn man eine Forvagtsfunktion erfüllt: ca. 1.645 kr brutto/Monat

"Zuschlag", wenn man eine  Mellemvagtsfunktion erfüllt : ca.  3.000 kr brutto/Monat

Zuschlag für Dienste: 

Werktag: 20-8 Uhr: ca. 63 kr/Std. brutto

Wochenende 8-20 Uhr: ca 63 kr/Std. brutto

Wochenende 20-8 Uhr: ca 104 kr/Std. brutto

Zuschlag für Überstunden: ca. 373 kr/Std. brutto

Ein (sehr) dienstreicher Monat als forvagt, tilladelse til selvstændig virke, kann zum Beispiel so aussehen: zB. zwei Wochendnachtdienste von 16-9 Uhr, zwei Nachtdienste unter der Woche und 2 Mal zB. Stuegang am Wochenende. Dann kommt man auf ca. 45.100 kr brutto/29.100 kr netto raus. Ich würde sagen, das "normale"Gehalt variiert in der Regel zwischen 26.000kr - 30.000 kr netto. 

In der Allgemeinmedizin Praxis wird man weniger verdienen, da man keine Dienste hat und keinen Wochenendzuschlag und der forvagt/mellemvagt Zuschlag wegfällt. 

Viele Ärzte machen dann freiwillig Dienste z.B. am Krankenhaus, wo Dienstärzte fehlen (z.B. in der Psychiatrie, wo es auch oft entspanntere Dienste sein können) oder bei 1813 (dem deutschen Ärztlichen Bereitschaftsdienst). Einige Häuser bieten dann an diese Dienste mit "Überstundengehalt" (overarbejde)  zu vergüten oder dem sogenannten FEA-løn, der noch höher ist. 

Freizeit

Generell habe ich erlebt, dass Arbeitszeiten eingehalten werden. Auf gut deutsch würde man sagen, um 15 Uhr lassen alle den Stift fallen ;-) Nein, natürlich macht man eine gute Übergabe und stellt sicher, dass alle Patienten gut versorgt sind. Aber man kann sagen, dass Überarbeit nicht unbedingt als positiv angesehen wird, sondern eher so, dass du deine Arbeit in der gegebenen Zeit nicht schaffst und dass dann etwas nicht stimmen kann (entweder an dir und einer Art zu arbeiten, oder an den Bedingungen). 

Und sollte es vorkommen, dass das nicht an dir liegt, sondern es mehreren so geht, wird Beschwerde beim Chef eingelegt und nach einer Lösung gesucht (z.B. weniger Patienten einbestellt). 

Das hört sich jetzt eventuell härter an als es ist, Fokus sollte hier darauf gelegt werden, dass bei zu vielen Überstunden nach einer Lösung gesucht wird, denn niemand sollte Überstunden machen müssen. 

Ich kann natürlich wieder nicht für alle Abteilungen in ganz Dänemark sprechen, aber das waren meine Erfahrungen. 

An einem normalen Stationstag beende ich meine Arbeit spätestens um 15:30. Dienste gehen manchmal auf Grund der Übergabe eine halbe bis ganze Stunde länger. 

Dementsprechend hat man definitiv mehr Freizeit im Gegensatz zu der Arbeit als Arzt in Deutschland. 

Kultur

Bevor man in einem dänischen Krankenhaus anfängt zu arbeiten, hat man in der Regel schon einige Schlagworte gehört. Eines davon ist "flache Hierarchien". Das stimmt auf jeden Fall, kann aber von Haus zu Haus und von Station zu Station variieren. 

Der Umgangston ist in der Regel sehr viel freundlicher als in deutschen Krankenhäusern. Meinungen/Anregungen von Assistenzärzten werden in der Regel ernst genommen, jeder hat seine Daseinsberechtigung und wird mit Respekt behandelt. 

Klar, wenn es mal stressig wird, kann es auch mal hektisch werden und der Umgangston härter werden.

Dass jemand gebrüllt hat, jemand anderen "fertig" gemacht hat, habe ich noch nie erlebt. Das würde, meine ich, eher als Zeichen der Schwäche (vom Höher gestellten) gewertet werden.

Man wird viel gelobt, meiner Meinung nach auch für Sachen, die selbstverständlich sind, was sehr gut tun kann, da man sich wertgeschätzt fühlt.

Doch auch Sachen, die nicht so gut laufen werden ohne weiteres angesprochen, was sehr direkt wirken kann (aber im weiteren Sinne "Hinter-dem-Rücken-Gerede" vorbeugt), und wieder -  es wird nach einer Lösung gesucht. Nicht nach dem "Schuldigen". 

Am Anfang als ich ab und zu "kritisiert" wurde, bin ich gleich in die Verteidigungshaltung gegangen, bis ich irgendwann verstanden habe, dass mich niemand im eigentlichen Sinne kritisieren möchte, sondern einfach meint, ich könnte etwas besser machen, und mir helfen möchte, das beste aus mir herauszuholen und einfach mit mir zusammen schauen will, wie ich das schaffen könnte. Das war toll, und eine ganz andere Herangehensweise als die, die ich vorher kannte. 

Nun noch ein paar Punkte, auf die man meiner Meinung nach achten sollte. Zum Thema flache Hierarchien: Das ist schön als Assistenzarzt, aber man selbst sollte auch darauf achten, sich ebenfalls so zu verhalten.

Man sollte hier nicht einfach Krankenschwestern "etwas befehlen" (wenn man dem sozialen Standard entsprechen möchte). Entscheidungen werden im Zusammenrat getroffen, in der Regel hat die Krankenschwester, die den Patient auch in der Regel besser kennt als man selbst auch eine klare Meinung dazu, die es zu berücksichtigen gilt. Geht man zu häufig darüber hinweg, kann es zu Beschwerden über einen kommen und die Beschwerden der Krankenschwestern werden ernst genommen (so wie die aller anderen Menschen), denn - an dieser Stelle bringe ich den Begriff des jantelov an - kein Mensch ist "besser" als der andere. 

Was mir in Dänemark manchmal gefehlt hat, im Gegensatz zu in Deutschland war der Zusammenhalt/Verbindung unter/zu den Assistenzärzten. Meiner Meinung nach hat das mehrere Gründe. Man ist meist nicht länger als ein Jahr auf einer Station. (Das ist ein anderes Thema für sich, aber kurz gesagt: zu lange irgendwo "hängen zu bleiben" wird als unflexibel angesehen und bringt einen nicht weiter. Die meisten Arbeitsverträge sind auf ein Jahr ausgelegt. Das hört sich erstmal erschreckend an für Deutsche, aber ist kein Problem, da alle ständig wechseln, sind auch fast jeden Monat auf jeder Station stellen frei, also kein Problem einen neuen Job zu finden.)

Aber dadurch gibt es in der Regel keine Arbeitskollegen mit denen über einen sehr langen Zeitraum zusammen arbeitet.

Ein weiterer Grund ist, denke ich, dass man einfach nicht so "viel leidet", also man de facto nicht "Leidensgenosse" ist. Was auf der einen Seite natürlich sehr schön ist, aber das verbindet nun auch manchmal. 

Hier macht man eher seine (sehr gut erträgliche ;) ) Arbeit und geht schnell nach Hause (zu seiner Familie). 

Manchmal kann man sich da auch ein wenig einsam fühlen in dem Arbeitskontext, aber ich persönlich bin auch sehr gerne früh nach Hause gegangen und hatte mehr Zeit für mein Leben/Kontakte außerhalb der Freizeit.

Eventuell empfinden das dänische Ärzte auch ein wenig anders, da sie noch Leute aus dem Studium kennen, mit denen man dann mal auf der gleichen Station landet, aber das hatte ich nicht und musste da mit dem Kontakte knüpfen von Null anfangen. 

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